Jeder dritte Fahrschüler fällt in der Schweiz beim ersten Anlauf durch die praktische Fahrprüfung. Trotz monatelanger Vorbereitung, hohen Kosten und etlichen Fahrstunden reicht es am Ende oft nicht. Warum? Weil Technik und Theorie allein nicht genügen. Wer im entscheidenden Moment innerlich blockiert ist, scheitert nicht am Parkieren – sondern an sich selbst. Was macht den Unterschied zwischen einem nervösen Anfänger und einem souveränen Prüfling? Dieser Artikel zeigt, worauf es wirklich ankommt, wenn man vor der Fahrprüfung bereit sein will.
Übung allein reicht nicht – man muss das System verstehen
Fahrstunden sind wichtig. Sie vermitteln Automatismen, trainieren Abläufe, machen mit Regeln vertraut. Doch souverän wird man dadurch nicht automatisch. Sicherheit entsteht nicht nur durch Wiederholung, sondern durch Verständnis. Genau hier setzt der obligatorische VKU Zürich an – der Verkehrskundeunterricht, den jeder in der Schweiz vor der praktischen Prüfung absolvieren muss. Er vermittelt ein solides Grundwissen über Gefahren, Verkehrsfluss und Blickverhalten – aber vielen Fahrschülern bleibt das zu abstrakt.
Wer echte Sicherheit will, muss über die Theorie hinausdenken. Fahrangst entsteht nicht im Schulzimmer, sondern im echten Verkehr. Und dort fehlt vielen jungen Fahrern die mentale Stärke, um auch in hektischen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Genau das unterscheidet den soliden Prüfling vom unsicheren Teilnehmer.
Trainingsstrategien, die wirklich helfen
Zielgerichtetes Üben ist der Schlüssel. Aber eben nicht nur mit dem Fahrlehrer auf bekannten Routen, sondern bewusst in ungewohnten Situationen. Wer gezielt Schwächen identifiziert – etwa beim Rückwärtsfahren, bei Autobahneinfahrten oder in komplexen Kreuzungen – kann effektiv daran arbeiten. Wiederholung allein reicht nicht. Was fehlt, ist gezielter Perspektivwechsel.
Fahrten bei Nacht, bei Regen oder im dichten Stadtverkehr fordern – und fördern. Wer das scheut, verschenkt Lernchancen. Sicherheit entsteht nur, wenn man das Ungewohnte in Vertrautheit verwandelt. Fahrstunden außerhalb des klassischen Prüfungsumfelds sind daher oft goldwert.
Fünf Strategien, die du sofort umsetzen kannst
- Mach gezielte Themenfahrten.
Setz dir pro Fahrt ein konkretes Ziel: „Heute nur Autobahneinfahrten“, „Heute Rückwärtsparkieren in engen Gassen“. So trainierst du nicht einfach nur „Fahren“, sondern deine Schwachstellen. Jeder Fokus macht dich spürbar sicherer. - Fahre mit jemandem, der nicht dein Fahrlehrer ist.
Such dir eine ruhige, erfahrene Begleitperson. Fahre mit Vater, Onkel oder älterem Cousin – aber mit einem klaren Plan: „Ich übe heute in Baustellenzonen“ oder „Ich will durch unbekannte Quartiere navigieren“. Ohne Prüfungsdruck lernst du entspannter. - Nutze schlechte Bedingungen gezielt.
Fahr nicht nur bei Sonne. Wenn’s regnet oder schneit, hast du die besten Trainingsbedingungen. Nässe, Nebel, blendende Scheinwerfer – je früher du das erlebst, desto sicherer wirst du im Ernstfall. - Lass dich filmen.
Bitte deinen Beifahrer, dich mit dem Handy beim Fahren aufzunehmen (nur außerhalb des Prüfungsbetriebs!). Du wirst staunen, was du später beim Ansehen bemerkst – etwa beim Schulterblick oder beim zu frühen Blinken. - Fahre ohne Navi – nur mit Karte oder Gedächtnis.
Lerne, dich im Verkehr zu orientieren, ohne dass dir Google sagt, was du tun sollst. Das trainiert Aufmerksamkeit, Lesekompetenz von Verkehrszeichen – und vor allem: Eigenverantwortung. Eine unverzichtbare Fähigkeit für echte Fahrsicherheit.
Der Beifahrer-Effekt: unterschätzter Erfolgsfaktor
Wer auf dem Beifahrersitz Platz nimmt, steuert indirekt mit – emotional, mental und atmosphärisch. Gerade Fahrschüler sind in dieser Phase extrem empfänglich für äußere Signale. Ein einziger gestresster Kommentar kann eine ganze Übungsfahrt kippen. Der nervöse Vater, der beim Abbiegen den Atem anhält, oder die überambitionierte Mutter, die in jede Bewegung hineinspricht, mögen es gut meinen – aber oft entsteht mehr Druck als Hilfe.
Im Gegensatz dazu kann ein ruhiger, erfahrener Beifahrer wie ein mentaler Airbag wirken. Er greift nicht ins Steuer, sondern gibt Sicherheit durch Haltung. Seine Gelassenheit überträgt sich. Sein Schweigen in kniffligen Momenten schafft Raum, in dem der Fahranfänger selbstständig denken darf. Und genau das ist der Schlüssel: nicht kontrolliert zu werden, sondern begleitet.
Mehr Lesen: marion und ingo trennung